Transparenzdebatten im StuPa – Rückschläge und Erfolge

Wie schon mehrfach beschreibt die Säkular-Humanistische Liste die Kernpunkte der letzten Stupa-Sitzung hier aus ihrer Perspektive. Wie immer ist das eine möglicherweise fehlerbehaftete, und sicherlich auch teilweise unabsichtlich persönlich gefärbte Darstellung. Wir denken trotzdem, dass diese Zusammenfassung hier etwas nützt, damit sich Interessierte informieren können. Wir empfehlen dringend, sich aus verschiedenen Quellen zu informieren, die offiziellen Protokolle zu lesen, oder vielleicht sogar mal zu einer Sitzung zu kommen und sich selbst ein Bild zu machen. Sollten in diesem Protokoll tatsächlich Fehler enthalten sein, bitten wir um einen Hinweis, um dies so schnell wie möglich zu korrigieren. Außerdem laden wir explizit alle Listen dazu ein, wenn sie sich falsch dargestellt fühlen, uns eine Gegendarstellung oder Ergänzung zu schicken, und bieten an, diese dann noch unten an unseren Beitrag anzufügen.

Wirbel im Vorfeld: die AfD im Stupa?

IYSSE-Plakat

Einige Wochen vor der 2. Sitzung des 26. Stupa luden einige Listen und Abgeordnete dazu ein, sich gemeinschaftlich über einen möglichen Antrag zur Transparenz und Demokratie im Stupa auszutauschen. Bei diesen Gespräche wurde der Antrag mehrfach überarbeitet, einige Teile aufgrund von Kritk und Einwänden angepasst, gestrichen, überarbeitet oder verbessert. Außerdem wurde eine scharfe Distanzierung zur AfD in den Beschluss- und den Begründungstext aufgenommen. Zu den Listen, die an den Gesprächen beteiligt waren, zählten sowohl Antragsteller (Power of Science, FSI Charité, Säkularer Humanismus etc.) als auch Kritiker der vorherigen Anträge, darunter SDS und IYSSE, allerdings mit sehr verschiedenen Ansätzen. Die Vorschläge des SDS (der auch an der Organisation des Treffens beteiligt war) wurden größtenteils aufgenommen. Versuche einer inhaltlichen Diskussion mit den IYSSE-Vertretern scheiterten komplett.

Kurz vor der zweiten Sitzung des 26. Stupa machte die IYSSE dann mit Flyer und Plakaten auf sich aufmerksam, die in großer Zahl verklebt bzw. verteilt wurden. Darin riefen sie Studierende dazu auf, ins Stupa zu kommen und gegen den Antrag „Partizipative Studierendenschaft“ zu protestieren. Als Grund nannten sie, dass der Antrag linke Politik unterdrücke, bezeichneten die Antragsteller als „rechte Listen“ und den Antrag als „rechte Offensive“. Trotz dieser Offensive waren im Stupa nicht signifikant mehr Gesichter als üblich zu sehen. Rechts ist ein Foto der IYSSE-Plakate zu sehen.

Was für einen Antrag kritisiert die IYSSE dort eigentlich so heftig? Im Antrag Partizipative Studierendenschaft steht unter anderem zu lesen: „Das StuPa distanziert sich hiermit ausdrücklich von der xenophoben und menschenfeindlichen AfD“. Darüber hinaus sind die Inhalte im Wesentlichen, dass vorläufige Sitzungsprotokolle innerhalb von 2 Wochen veröffentlicht werden sollen, dass in den Protokollen festgehalten werden soll, ob alle Listen ihr Mandat wahrnehmen, dass Wahlen von Referaten und auch Vollversammlungen über uniweite Kanäle öffentlich angekündigt werden, und dass Referate ein Mal pro Semester eine Beschreibung ihrer Tätigkeiten auf ihre Website stellen sollen. Der vollständige Text ist hier zu lesen: „Partizipative Studierendenschaft“ (pdf). Antragsteller sind Power of Science, FSI Charité, RCDS, LHG, Stupa Progressiv, Säkular-Humanistische Liste sowie „BAföG & Brandenburg Sem.-Ticket für alle“.

Die Plakatkampagne der IYSSE löste einen gewissen Unmut im Vorfeld aus. Einige der Antragsteller waren der Ansicht, dass es sich nicht um eine faire Form der Diskussion handelt, und natürlich waren sie sehr empört über die Darstellung als Vertreter rechter Ziele.

Die eigentliche Sitzung

Zu Beginn der Sitzung fiel auf, dass vorne bei den Eilanträgen ein Stapel Vordrucke für Stupa-Bingo auslag, darin Begriffe wie „Baberowski“, „AFD“, „distanzieren“ und „Aufwandsentschädigung“. Die AfD kam sogar vielfach darin vor.

Am Anfang wurde wie üblich über die Tagesordnung gesprochen. Zu Beginn wurde darüber abgestimmt, ob einige Eilanträge noch auf die Tagesordnung aufgenommen werden sollten, darunter ein Antrag des Referats für Lehre und Studium über finanzielle Mittel für ein Musterverfahren mit Bezug auf Masterzulassungsfristen.

Initiativantrag von Jusos und LGV

Ein anderer Antrag kam von den Listen JuSos und LinksGrünVersifft (LGV) und beschäftigte sich ebenfalls mit Transparenz und Partizipation, der Name lautete: „Beantragung eines ständigen Gremiums zur Stärkung der politischen Partizipation der Studierenden“. Hier (pdf) ist der Volltext. Im Antrag steht zu lesen: „Mit diesem Beschluss wehrt sich das Stupa gegen die politische Vereinnahmung und Instrumentalisierung der Debatte um Transparenz durch politische Akteure von außen, insbesonder durch die sogenannte „Alternative für Duetschland“.“ Desweiteren wird hervorgehoben, dass das Stupa der Universitätsleitung nicht rechenschaftspflichtig ist. Der konkrete Inhalt ist die Gründung einer Arbeitsgruppe, die sich mit der Steigerung der öffentlichen Präsenz der Hochschulpolitik, der Erhöhung der Wahlbeteiligung, Amtszeitüberschreitungen und Informationszugängen beschäftigen soll.
Schon bei der Frage, ob der Antrag aufgenommen werden soll, gab es kurz eine Debatte: die PoS sagte, der Antrag sei gut und ergänze den anderen Partizipationsantrag, und solle unterstütz werden. Die Bafög-Liste fragte nach, warum er als Eilantrag und nicht regulär eingereicht wurde (was eigentlich nur bei last-Minute-Situationen erlaubt ist). Die Jusos erwiderten, es sei eben eine aktuelle Thematik. LGV merkten an, ihr Antrag sei nicht als Erweiterung zu dem anderen zu verstehen, es könne durchaus sein, dass der andere Antrag bedenklich ist. Der Antrag wird schließlich per Abstimmung in die Tagesordnung aufgenommen.

Berichte von Präsidium und Referaten

Das Präsidium und einige Referate berichten über ihre Tätigkeit. Einige Referate, die in der ersten Sitzung nicht anwesend waren, stellen sich jetzt vor, unter anderem Publikationen. Die sonstigen Auskünfte der Referate sind teilweise umfangreich und können hier nicht alle widergegeben werden – wir schaffen es auch einfach nicht, so schnell alles Relevante mitzuschreiben.

Wahlen

Fabio A. stellt sich zur Wahl für das Referat für Internationales. Zwar geht er im September in ein Erasmus-Semester, er meint aber auf Rückfrage, auch aus London die Arbeit des Referats machen zu wollen. Fabio wurde am 7. 6. 17 bereits als Co-Referent für Internationales gewählt, diesmal steht er als Haupt-Referent zur Wahl. Er wird mit 30 Pro vs. 20 Contra-Stimmen gewählt. Die anderen Wahlen verliefen ohne größere Rückfragen oder Vorkomnisse.

Partizipationsantrag

Kim von der Power of Science stellt den Antrag vor und positioniert sich entschieden gegen die AfD und die Vorwürfe der IYSSE. „Den Menschen, die diese Vorwürfe bringen, ist nicht bewusst, dass sie damit selbst den Rechtsruck voranbringen.“ Er begründet außerdem, warum es kein Geschäftsordnungsantrag ist, da nur Dinge ergänzt werden, die noch nicht gereget sind, und weil es außerdem nur für das 26. Stupa formuliert ist und nicht als dauerhafte Änderung (ebenso wie beim Antrag auf Quotierung in der ersten Sitzung, der mit dieser Begründung kein GO-, sondern ein regulärer Antrag ist).

(Hier klicken, um Kims [PoS] Redebeitrag zur Vorstellung des Antrags anzuzeigen)

Dann beginnt die Debatte. Der Partizipationsantrag wurde intensiv diskutiert, teilweise unter lautem Beifall. Kritik kam vor allem von IYSSE, LuST und Linker Liste, und beinhaltete u.a. nicht Aufgabe der Referenten sei, sich um Partizipation und Information über ihre Aufgaben, oder um Bekanntmachung der Wahlen zu kümmern. Die IYSSE beschrieb den ganzen Antrag als Teil einer rechten Hetzkampagne. Die verschiedenen Antragstellenden Listen begründeten ausführlich ihre Position, warum sie den Antrag für sinnvoll halten, und dass sie keine Handlanger oder Sympathisanten der AfD sind.

Hier klicken, um den Ablauf der Debatte zu lesen.
Nach der Debatte kommt es noch zu einer verbalen Auseinandersetzug, denn das Präsidium sagt: Es handelt sich um einen Antrag zur Geschäftsordnung. Daher ist eine 2/3-Mehrheit notwendig. Das löst Überraschung und Fassungslosigkeit bei den Antragstellern und auch einigen anderen aus. Das Präsidium sagt, dass jetzt nicht mehr diskutiert werden kann, weil die Redeliste geschlossen ist. Wütende Zwischenrufe kommen auf, einige sammeln sich beim Rednerpult und fragen das Präsidium, warum sie das jetzt einfach so beschließen, ohne es vorher erwähnt zu haben – der Antrag wurde unter der Annahme diskutiert, es sei ein normaler Antrag, der nur 50% der Stimmen braucht. Hätten sie das vorher gesagt, hätte man ihn eventuell noch abändern können. Vom Präsidium kommt mehrfach die laute Äußerung, dass jetzt nicht mehr diskutiert werden kann. Die hitzige Debatte wird schließlich beendet, das Präsidium sagt, dass erstmal abgestimmt wird, und dann später entschieden wird (eventuell mit einem bezahlten Juristen), wie viele Stimmen zur Annahme nötig sind. Auch einige, die gegen den Antrag stimmen, halten die Begründung dafür, dass es ein GO-Antrag sei, für undurchsichtig.
Es wird abgestimmt: 26 Ja-Stimmen, 29 Nein-Stimmen.
Das Präsidium erlaubt sich noch einen bissigen Kommentar: „26 Stimmen dafür, 29 dagegen. Ist jemand von Mathe hier? Nein? Also der Antrag ist wohl abgelehnt.“
Unter den Antragstellern wird die Art und Weise, wie das Präsidium die Interpretation als GO-Antrag hinterhergeschoben hat, als äußerst undemokratisch empfunden, obwohl letztendlich die Stimmen auch für eine einfache Mehrheit nicht gereicht haben. Unter denen, die dagegen gestimmt haben, gab es Abgeordnete, die den Antrag eigentlich laut eigener Aussage gut fanden, aber nicht gegenüber anderen rechtfertigen könnten, für einen Antrag zu stimmen, den auch der RCDS mitträgt.

Arbeitsgruppen für Partizipation

Nun stellen LGV und Jusos gemeinsam ihren Antrag für die Bildung einer Arbeitsgruppe für mehr Partizipation vor. Sie wollen mehr Zusammenarbeit unter den Listen und die Probleme angehen, aber auch die richtigen Dialogstrukturen dafür schaffen. (Eine ähnliche Initiative gab es bereits im letzten Jahr, damals hatten Power of Science, FSI Charité und Säkular-
humanistische Liste einen Antrag eingebracht, eine AG zur Erhöhung der Wahlbeteiligung zu gründen. Der Antrag wurde damals abgelehnt, im Protokoll können die Argumente nachvollzogen werden.)
Die Antragstellenden Listen sehen Probleme beim Partizipationsantrag. Sie sehen die Verantwortung für die Kommunikation und das Mobilisieren von Leuten beim Parlament, bei den Listen, nicht bei den Referaten. Und sie wollen mehr Dialog mit den Referent*innen, um tatsächlich effektive Maßnahmen zu finden. Sie verstehen Partizipation als eine Art von Barrierefreiheit, unabhängig von sozialer / nationaler Herkunft. Statt einer „toxischen Transparenz-Debatte“ wollen sie so einen besseren Weg erarbeiten, um die Probleme anzugehen. (Hier gab es sicher noch mehr Punkte, die wir nicht alle notiert haben.)
Per GO-Antrag wird die Redezeit auf 1:30 begrenzt.

(klicken, um Details über die Debatte einzublenden)
Nun wird über die Änderungsanträge abgestimmt. Alle werden abgelehnt. Dann kommt es zur Abstimmung über den eigentlichen Antrag. Er wird mit großer Mehrheit und nur zwei Gegenstimmen angenommen.

TV-Stud

In einem Antrag des SDS, der bereits vor den Partizipationsanträgen besprochen wurde, ging es um die Solidarisierung der Studierendenschaft mit den streikenden Studentischen Beschäftigten. Der Antrag ist hier (pdf) nachzulesen. Es geht darum, dass die Hochschule in den Tarifverhandlungen eine Anbindung der Löhne an den Tarifvertrag der Länder kategorisch ablehnten, und die Verantwortung an das Land Berlin weitergeben will. Das Land Berlin machte allerdings deutlich, dass die Hochschulen dafür verantwortlich sind. Der Antrag führt weiter aus: „Diese zynische Verhandlungspolitik soll den Frust der Beschäftigten dämpfen, sie für weitere fünf Jahre vertrösten und die Motivation für einen Streik endgültig brechen. Die Angleichung der Arbeitsbedingungen an den Wandel in der sozialen Umwelt und der damit verbundene, dauerhafte Anstieg der Reallöhne ist längst überfällig.“ Es gab zu dem Antrag einige Rückfragen, sowie eine Diskussion um einige Formulierungen, darunter Begriffe wie „zynisch“ oder „groteske Verhandlungsstrategie“. Einige meinen, dass diese Formulierungen so wirken könnten, als sei die Studierendenschaft nicht ernst zu nehmen. Ein diesbezüglicher Änderungsantrag wird allerdings abgelehnt. Eine Rückfrage über die Sinnhaftigkeit des Standpunkts der Universitätsleitung kam sogar von einem interessierten Studenten, der kein StuPa-Mitglied war. Er erkundigte sich unter anderem, ob der Hintergrund der Strategie darin bestünde, durch nicht-Angleichung an die Inflation die Gehaltskosten effektiv zu senken. Insgesamt wurde der Antrag mit großer Unterstützung gesehen und in der Abstimmung mit vielen Stimmen Mehrheit angenommen.

Generation Nachhaltigkeit

Ein finanzwirksamer Antrag der ‚Generation Nachhaltigkeit‘ (Geographie) beschäftigt sich mit der Ausrichtung einer Konferenz zum Thema Nachhaltigkeit (Antrag, pdf). Dafür werden 990€ beantragt, um die Kosten, die noch nicht auf anderem Weg gedeckt wurden, zu bezahlen. Der Antrag wird angenommen.

AG Röhre Adlershof

Und noch ein finanzwirksamer Antrag, diesmal für Adlershof: Die ‚AG Röhre‘ beantragt technische Ausstattung für die Röhre am SBZ Prüfstand, in Höhe von maximal 5000€ für Licht- und Tontechnik, um die Location für Veranstaltungen verschiedenster Art in Adlershof zu benutzen. Sie beschreiben das Projekt relativ ausführlich. Möglicherweise auch weil es schon auf Mitternacht zugeht, hält sich die Länge der Debatte trotz der größeren Summe eher in Grenzen. Der Antrag wird angenommen.

Ende

Als Nächstes würde ein Antrag diskutiert werden, mit dem die Beiträge der Studierendenschaft für ihre Vertretung deutlich erhöht werden. Es gibt allerdings nach kurzer Diskussion einen Antrag, dies auf die nächste Sitzung zu verschieben. Dieser Antrag wird mehrheitlich angenommen, und gegen halb zwölf schließt die 2. Sitzung des 26. Stupa.

Fazit

In der Stupa-Sitzung hat sich gezeigt, dass die polemischen und abwägigen Vorwürfe der IYSSE nicht auf breite Zustimmung im Parlament treffen. Außerdem wurde klar, dass es inzwischen viele Listen gibt, die sich dafür einsetzen möchten, dass die Politik des Stupa zugänglicher wird, und das begrüßen wir sehr!
Allerdings muss auch festgestellt werden, dass es definitiv eine große Zahl von Abgeordneten gibt, die einen inhaltlich guten Antrag ablehnen, weil sie Angst haben, mit den antragstellenden Listen assoziiert zu werden. Dabei tritt das Interesse der Studierenden unserer Ansicht nach hinter Identitäts- und Symbolpolitik zurück. Es ist uns außerdem unbegreiflich, dass einige Listen die Ansicht vertreten, die Kandidaten für Referate sollten nur über persönliche Kontakte ausgewählt werden („Wenn ihr Leute habt, stellt sie zur Wahl, das ist eure Aufgabe!“) – das verhindert, dass alle Studierende gleichermaßen die Chance haben, sich an der Hochschulpolitik zu beteiligen. Die plötzliche Definition des Partizipations-Antrags als GO-Antrag durch das Präsidium und die Art, wie mit der Situation umgegangen wurde, hinterließ auch einen weniger guten Nachgeschmack.
Wir sind allerdings sehr froh, dass der Arbeitsgruppen-Antrag angenommen wurde. Wir hoffen, dass die Bildungs der Arbeitsgruppe tatsächlich zu realen Fortschritten führt, und werden uns natürlich auf jeden Fall daran beteiligen. Insgesamt sind wir definitiv optimistisch und freuen uns darauf, in Zukunft mit möglichst vielen Listen an konkreten Verbesserungen zu arbeiten, sowohl mit unseren Mitantragstellern von diesem Mal, als auch mit Listen wie SDS, LGV oder jedem anderen, der für konstruktive Ansätze einsetzen möchte.