Secular Summer Solstice

Es ist ein Privileg, am Leben zu sein – wider aller Wahrscheinlichkeit die Wärme der Sonne auf seiner Haut spüren und das blühende Grün der Natur genießen zu können. Es ist ein Privleg, Mensch zu sein, Freunde um sich zu wissen, mit denen man die langen Tage und kurzen Nächte der warmen Jahreszeit verbringen kann. Und es ist schließlich ein Privileg, Teil einer Zivilisation zu sein, deren gemeinsame Anstrengungen die Welt von Jahr zu Jahr zu einem besseren Ort macht. All das Feiern wir im Rahmen der Secular Summer Solstice: Das Hier und Jetzt und warum es trotz aller Imperfektionen schützenswert ist. Die Zukunft, was immer sie auch für jeden von uns bringen mag. Die Hindernisse und Herausforderungen, die wir kühn überwinden wollen. Wir zelebrieren, dass wir nicht allein sind, sondern auf andere vertrauen können, und genießen Freiheit, Spaß und Gemeinschaft am längsten Tag des Jahres.

Die Sommersonnenwende wird auch als Mittsommer bezeichnet und tritt auf, wenn einer der Erdpole seine maximale Neigung zur Sonne hat. Auf der Nordhalbkugel ist dies der 21. Juni. Dieser Tag wird in vielen Kulturen als Beginn oder Höhepunkt des Sommers gefeiert und ist vor allem in der germanischen, keltischen, skandinavischen, slawischen und baltischen Region von großer Bedeutung. Das warme Wetter und das überall sprießende Grün in der Natur an diesem Tag prädestiniert ihn für Feiern unter freiem Himmel.

Gleichzeitig ist der 21. Juni auch der Welthumanistentag.

Wir wollen hier unsere Ideen für die Ausgestaltung einer humanistischen Mittsommerfeier präsentieren, so wie wir sie seit 2017 feiern. Das Ziel der Feier ist es, das Leben zu genießen, den Zusammenhalt der Gruppe zu stärken, Freundschaften zu festigen und Motivation für die Überwindung persönlicher Hindernisse zu schöpfen. Die Feier findet draußen statt, am besten in der Natur in einem Park, einem Wald oder an einem See. Sie ist ein Gegenstück zur Winter Solstice, aber nicht ganz so ernsthaft wie diese. Alle Elemente hier sind als Anregungen gedacht und können natürlich beliebig erweitert, verändert, ausgelassen oder angepasst werden.

Mythologischer und kultureller Hintergrund

Die Sommersonnenwende ist traditionell in vielen Ländern ein Fest voll von Gesang und Tanz. Große Feuer werden entzündet, über die junge Menschen hinwegspringen, um ihren Mut zu beweisen. Im Volksglauben ist die Nacht von besonderer Magie erfüllt, gibt Pflanzen besondere Wirkungen oder aber markiert die Ankunft magischer Wesen wie Geister, Irrlichter oder Feen. Auch die Fruchtbarkeit junger Frauen ist ein wiederkehrendes Thema: in zahlreichen Traditionen tragen Mädchen bestimmte Blumen, um die Liebe ihres bevorzugten Partners auf sich zu ziehen, oder um einen Traum zu erleben, der ihnen ihren zukünftigen Ehemann offenbart. Manchmal müssen magische Blumen oder Farnsprösslinge tief im Wald ausfindig gemacht werden, um ihre Kraft nutzbar zu machen. Auch dem Morgentau, mit dem sich bei aufgehender Sonne das Gesicht gewaschen wird, werden mystische Eigenschaften zugeschrieben. Traditionell dekorieren die Menschen ihre Häuser mit Farnen, Birkenzweigen oder Blumen, errichten mit Grün geschmückte Holzpfähle, und tragen Blumenkränze im Haar.

Neben all diesen eher heidnischen Bräuchen existiert auch das christliche Fest des heiligen Johannes, das vielerorts die Mittsommerfeiern ersetzt beziehungsweise sich mit ihnen vereinigt hat. Zu dieser Zeit blüht auch das Johanniskraut, und das Mittsommerfeuer wird zum Johannisfeuer.

Die humanistische Sommersonnenwende

Als Humanisten feiern wir ein Fest natürlich ohne abergläubischen oder esoterischen Ballast – aber mit mindestens genauso viel Spaß. Das zentrale Thema ist das Leben: Wir genießen es, am Leben zu sein, wir erinnern uns daran, wie bemerkenswert es ist, dass Leben in diesem Universum überhaupt entstehen konnte und dass wir jetzt hier sind und existieren. Darüber hinaus feiern wir die Gemeinschaft: wir haben das Glück, nicht allein zu sein, sondern Familie und Freunde um uns herum zu wissen, die das Leben mit uns teilen, uns helfen und an unserer Seite stehen, ganz im Sinne von Schillers „An die Freude“. Wir richten unsere Aufmerksamkeit darauf, wie wichtig Kooperation ist, und wie viele Dinge die Menschheit nur erreichen kann, wenn sie zusammen statt gegeneinander arbeitet. Wir denken an all die Projekte und Errungenschaften, die uns ermöglicht wurden, weil wir unsere Kräfte vereint haben und gemeinsam an einem Strang gezogen haben. Wir stellen uns den Herausforderungen, die uns persönlich erwarten, den Hindernissen und Schwierigkeiten, die unser Leben mit sich bringt, und den persönlichen Zielen, die wir uns gesetzt haben, und während rund um uns herum die Natur erblüht, konzentrieren wir uns auf das persönliche Wachstum, das wir selbst vollbringen können, um ein besserer Mensch zu werden.

Geeignete Symbole für die Feier sind Sonnenlicht, Blumen, Zweige und Feuer.

Der Ablauf der Summer Solstice

Die Summer Solstice sollte auf jeden Fall draußen in der Natur stattfinden. Ein öffentlicher Park, eine Lichtung im Wald, das Ufer eines Badesees, der Strand oder einfach nur eine große Wiese sind alle geeignete Plätze. Wenn das Wetter nicht gut ist, kann die Feier auch auf einen anderen Tag verschoben werden – wichtig ist, dass alle das Leben und die Natur draußen genießen können und genug Platz für Bewegung ist.

Was braucht man für die Summer Solstice?

Um einen schönen Platz zu Feiern draußen einzurichten, braucht man mehrere Picknickdecken und vielleicht einen Pavillon oder Tarps. Zur stimmungsvollen Beleuchtung bei Nacht tragen batteriebetriebene Lichterketten, Fackeln, Windlichter und Teelichter bei. Für das Abendessen braucht man einen Grill (und Kohle, vielleicht auch Holz für später), und für das Essen generell natürlich Geschirr und Besteck, Servietten oder Küchenpapier und ggf Alufolie, um darin Grillgut einzuwickeln. Mit Wimpeln, Blumen und Girlanden kann das Areal hübsch dekoriert werden. Wichtig für das Überleben in der freien Natur sind weiterhin Sonnencreme, Insektenschutzmittel (ggf. auch Limonella-Kerzen), Sonnenhüte und warme Pullover für nachts. Für das Capture-the-Flag-Spiel werden Flaggen und Kreppband benötigt. Für Eiscreme Trockeneis und sonstige Zutaten. Badekleidung, Federballschläger und Bälle, Boule-Spiel, Flugdrachen und ähnliches Spielzeug für draußen bringt Spaß. Solar-Ladestationen und Powerbanks helfen gegen versagende Akkus. Und falls es nachts kühl wird, können Schlafsäcke und warme Decken für Gemütlichkeit sorgen.

Für ausreichend Getränke sollte gesorgt sein: Wasser, Säfte, Eistee und Softdrinks bieten sich an, auch Fruchtwein oder Maibowle passt gut zum Anlass. Am besten teilen sich alle Teilnehmer die Aufgabe, Essen mitzubringen. Beispiele: Obst (Melone, Erdbeeren, Aprikosen, Weintrauben, Pflaumen, Ananas), Salate, Brot oder Fladenbrot mit Aufstrich, Muffins und Blechkuchen, Grillgut (Grillgemüse, Grillkäse, Fleisch und veganes Fleisch), Käse, Kekse und Süßes. Für die Nacht am Lagerfeuer lohnen sich auch Stockbrotteig und Marshmallows.

Am Nachmittag

Die Feier beginnt als fröhliches gemeinsames Picknick. Alle Teilnehmer kommen nach und nach am vereinbarten Ort an, breiten ihre Decken aus, packen Getränke, Salate, Obst oder Kuchen aus und genießen das gute Wetter. Wenn alle da sind und sich miteinander ausgetauscht haben, ist es Zeit für die geplanten Aktivitäten des Nachmittags. Es müssen nicht alle Teilnehmer an allen Aktivitäten teilnehmen, sondern sie können sich beliebig entscheiden, wann sie sich einbringen wollen und wann sie vielleicht lieber einfach mit anderen eine Unterhaltung führen oder einen Spaziergang machen.

Workshops ermöglichen es, auf eine kreative und unterhaltsame Weise die eigenen Fähigkeiten zu verbessern. Einige Inspirationen:

  • Basteln von Windlichtern oder Laternen aus Pappe und Transparentpapier
  • Origami
  • Tanz, beispielsweise Ballfolk
  • Yoga
  • Handwerkliche Workshops, z.B. Schnitzen
  • Musik und Instrumente

Spiele jeder Art machen Spaß und eignen sich fürs Bonding, ebenso wie körperliche Aktivitäten draußen in der Natur.

  • Kartenspiele
  • Federball
  • Boule
  • Drachensteigen
  • Schwimmen
  • Ringen

Bei der Herstellung von Eiscreme mit Hilfe von Trockeneis entstehen dramatische Dampfwolken und das Ergebnis schmeckt ausgezeichnet. Rezepte dafür gibt es in großer Zahl im Internet.

Eine weitere spannende Aktivität ist das Errichten eines Mini-Stonehenge. Aus Ästen, Seilen, Steinen und dergleichen wir eine Struktur errichtet, die so ausgerichtet werden muss, dass die Sonne bei ihrem Untergang genau durch eine Sichtachse der Konstruktion fällt. Dafür ist ein wenig rechnerisches Geschick erforderlich.

Beim Spiel Capture the Flag benötigt man drei Teams aus jeweils mindestens drei Teilnehmern, Kreppband in rot, blau und gelb sowie eine Fahne pro Team und Platz draußen. Für jedes Team wird eine Basis festgelegt, wo ihre Flagge sich anfangs befindet. Innerhalb dieser Basis sind die Spieler unverletzbar. Jeder Spieler bekommt eine Schleife aus Kreppband in der Farbe seines Teams um den Arm gebunden – diese symbolisiert sein Leben. Die Teams legen sich nun auf eine Start- und Endzeit fest (10 bis 20 Minuten je nach Geländegröße) und begeben sich zu ihren Basen. Sobald die Startzeit eintritt, beginnt das Spiel. Die Teams versuchen, die Flaggen der gegnerischen Teams zu erringen und in ihre eigene Basis zu bringen. Wem es gelingt, einem anderen Spieler das Kreppband herunterzureißen, hat ihn „ausgeschaltet“ und dieser Spieler muss in die Basis zurückkehren, um sich ein neues Leben zu besorgen. Während ein Spieler ausgeschaltet ist, kann er natürlich keine Flaggen transportieren und keine anderen Spieler ausschalten. Wird die Flagge eines gegnerischen Teams in die eigene Basis gebracht, erhält das Team, das sie errungen hat, 5 Punkte (danach wird die Flagge wieder zurück zum Gegnerteam getragen, und erst dann kann sie wieder geraubt werden). Für jedes den Gegnern abgenommene Leben, das in Form des heruntergerissenen Kreppbands als Trophäe behalten wird, gibt es einen weiteren Punkt. Das Team, das am Ende die meisten Punkte hat, gewinnt. Natürlich sind alle Formen von schmerzhafter Konfrontation untersagt. Falls mehrere Runden gespielt werden, sollten die Basen zwischen den Teams rotiert werden, um Fairness zu gewährleisten.

Wir suchen uns jedes Mal auch einen kleinen Baum aus und benutzen Papiertüten, die wir mit den Namen der Teilnehmer beschriftet haben, zum Kompliment-Wichteln. Den ganzen Tag über kann jeder auf kleine Zettel anonyme Komplimente schreiben, die dann in den Beutel gesteckt werden. Am Abend kann jeder den Beutel auspacken und sich an den Komplimenten erfreuen.

Dann kommt das, worauf alle schon lange sehnsüchtig warten: Grillen und Abendessen.

Am Abend

Das Abendprogramm beinhaltet drei Abschnitte. Zunächst werden Texte, Geschichten und Vorträge zum Thema der Solstice vorgetragen. Dann singen alle gemeinsam Lieder. Und schließlich gibt es ein kleines Feuerwerk.

Als Text eigenen sich alle Beiträge von drei bis zehn Minuten Länge, die sich mit passenden Themen beschäftigen. Solche Themen sind: Zusammenarbeit, Kooperation, Wissenschaft, Fortschritt, die Errungenschaften der Menschheit, persönliche Weiterentwicklung, Humanismus, Verständigung, Freundschaft, und vieles mehr. Auch die kulturellen Hintergründe des Mittsommerfests, etwas über Spieltheorie, über die astronomischen Vorgänge bei der Sommersonnenwende oder etwas zu Zukunftsforschung und die Perspektiven der Menschheit bietet sich an. Und auch fiktive Texte sind erlaubt.

Einige Beispiele:

Dann ist es Zeit für Lieder und Musik! Besonders schön ist es natürlich, wenn jemand (akustische!) Gitarre dazu spielt oder alle sich mit kleinen Instrumenten wie Tamburins oder Okarinas an der Musik beteiligen. Die Lieder sollten thematisch passen, nicht zu schwer zu singen sein, aber auch nicht zu monoton und langweilig, es sollte weder politisch, ideologisch, religiös noch esoterisch sein und möglichst kein reines Liebeslied. Die Inhalte sollten sich mit Sommer, Sonne und Natur beschäftigen, mit persönlichem Fortschritt, dem Streben der Menschheit nach einer besseren Zukunft oder der Kraft von Freundschaft und Gemeinschaft. Hier eine Liste von passenden Liedern, die wir regelmäßig zur Summer Solstice singen:

Eine Youtube-Playlist mit diesen und einigen weiteren Liedern findet sich hier.

Am Schluss schließt sich noch ein kleines Feuerwerk an! Einige Feuerwerksartikel der Klasse 1 und 2 kann man in Deutschland tatsächlich das ganze Jahr über kaufen, und sie bieten einen krönenden Abschluss für das Programm des Abends.

Nacht

Nach dem Programm ist die Feier noch lange nicht vorbei. Idealerweise bleiben einige tapfere Humanisten bis morgens gegen fünf Uhr wach, um die Sonne schließlich auch wieder aufgehen zu sehen. In der Nacht kann man sich am Lagerfeuer wärmen und Stockbrot und Marshmallows rösten. Man kann knuddeln und reden, Spiele spielen (beispielsweise Werwolf oder Munchkin), Geschichten erzählen oder einen Nachtspaziergang unternehmen. Es empfiehlt sich, warme Decken und Schlafsäcke zu benutzen, falls es nachts doch noch kalt werden sollte.

Und dann geht schließlich irgendwann die Sonne wieder auf, und die kürzeste Nacht des Jahres ist vorbei. Die letzten Teilnehmer machen sich auf den Heimweg, um etwas Schlaf nachzuholen, während die Vögel schon längst zwitschern und die Natur um sie herum erwacht.